Rollentausch - einfach mal die andere Perspektive beschreiben
Unter obenstehendem Link erschien im „Spiegel“ die Kolumne von Sascha Lobo, dessen Irokesenhaarschnitt wahrscheinlich das Einzige ist, was ihn vom gutgläubigen Spießer äußerlich unterscheidet, denn innerlich scheint er voll auf Linie zu sein.
Da ich mich regelmäßig dazu anhalte, um nicht zu sagen, dazu zwinge, beide Seiten zu betrachten, gehört die Lektüre dieser Kolumne ebenso zur selbstauferlegten Geißelung wie abstruse Theorien über Mini-Mikro-Mini-Mini-Chips, 5G und die Schädlichkeit von Graphenoxyd. Kopfschütteln lösen beide Sichtweisen in mir aus.
Was wäre, wenn man Sascha Lobo einfach dem anderen radikalen Rand zuschieben würde? Wie würde sich seine Kolumne denn dann lesen?
Coronapandemie Ein Ausweg für die Regierungstreuen
Die Umformulierung der Kolumne von Sascha Lobo
Die Maßnahmentreuen und die Regierung werden nach der voraussichtlichen Aufhebung der Coronamaßnahmen im Sommer annehmen, einen Sieg errungen zu haben. Es wird die Neudefinition des Pyrrhussiegs (Anmerkung: Ein Pyrrhussieg ist ein Erfolg, der mit hohem Einsatz, mit Opfern verbunden ist und eher einem Fehlschlag gleichkommt). Viele werden ihn nicht erleben.
24.01.2022
Die Tonlage in den Massenmedien wird immer schriller, die Argumente immer abstruser. Politiker, Virologen und staatsgläubige Bürger radikalisieren sich weiter, parallel nimmt die Zahl derjenigen zu, die für Gegendemonstrationen gegen sogenannte Corona-Leugner auf die Straße gehen. Es mag scheinbar der Großteil der Bevölkerung sein. Aber sie haben sich so tief in ihre obrigkeitsgläubige Scheinrealität zurückgezogen, dass man sich fragen muss, wie diese Leute jemals zurück in ein halbwegs normales Leben finden sollen. Es sind ja zu viele, als dass man sie nach der Pandemie einfach ignorieren könnte.
Diese Woche hat sich allerdings für einen großen Teil Impfgläubigen und Regierungsanhänger ein möglicher Ausweg offenbart – der sich für die in Dauerpanik befindlichen Menschen sehr schmerzhaft anfühlen dürfte. Der Hintergrund ist, dass der spanische Ministerpräsident trotz Rekordinzidenzen und entsprechender Intensivstation-Belegung über eine »Grippalisierung« von Covid-19 gesprochen hat. Das bedeutet, die Pandemie wie eine Grippewelle zu behandeln. Spanien hat eine Impfquote von über 80 Prozent, das ist besser als in Deutschland, wenn man die traurige Untererfassung der Geimpften, die in einem Land der Dichter und Denker, nicht aber der Mathematiker unmöglich zu sein scheint, berücksichtigt. Eine Reihe der C-Panik Verfallenen in Spanien bleibt skeptisch, was eine »Grippalisierung« angeht. Sie sehen darin eine Verharmlosung des Virus und befürchten angesichts der hohen Zahl der Ansteckungen einen möglichen Zusammenbruch des Gesundheitssystems, das Narrativ, welches uns seit fast 2 Jahren im Dauerzustand der Duldung hält.
In gewohnter Weise spielen renommierte Fachleute für Panikgläubige keine Rolle, sie folgen lieber ihren Politik- und Massenmedien-Propheten. Und hier lässt sich anhand der Reaktionen auf die spanische Ankündigung gut abschätzen, was in Zukunft passieren könnte. Nicht mit dem harten, oft wenig informierten Großteil der Panik-Radikalisierten, sondern mit den vielen Mitläufern. Die sich nicht ganz so heftig nach einem Ende, sondern einfach nur nach ihrer eigenen Normalität sehnen.
»Damals, als wir einfach nur gehorsam waren!«
Wohl aus einer Amazon-Rezension von 2005 stammt ein ikonischer Internetkommentar, seitdem oft variiert. Eine Diskussion mit (blinden) Wissenschaftsleugnern sei »wie Schach spielen mit einer Taube: Sie wirft die Spielfiguren um, kackt auf das Spielbrett und fliegt dann zurück zu ihrem Schwarm, um ihren Sieg zu feiern.« Was direkt zum braven Bürgertum und Impfbefürwortern führt, die diese Woche in ihren Social-Media-Zirkeln Parolen verbreitet haben wie »Spanien wählt den falschen Weg«, begleitet von klagendem Wehgeheul. Die Gehirgewaschenen stehen vor einer überwältigenden, geradezu schändlichen Niederlage nach dem Muster der schachspielenden Taube.
Die kommende Erzählung lautet wie folgt: Wenn irgendwann in Deutschland die Maßnahmen auf ein Minimum begrenzt werden, werden die Impfwilligen das nicht etwa als Folge des lauter werdenden Protests derer, die sich noch an demokratische Grundprinzipien erinnern, deuten, sondern als ihren eigenen Sieg – endlich waren die Zahlen der Geimpften hoch genug! Sie werden weiter behaupten, dass nur die Impfung (egal, ob es die 4., 5., 7. oder 10. Dosis war) geholfen hat. Sie werden weiterhin übersehen, dass die Impfung nicht der Game-Changer war. Sie werden weiterhin die schmerzhafte Wahrheit, über lange Zeit belogen worden zu sein, nicht sehen wollen. Sie werden gegenüber den Ungeimpften sogar Dankbarkeit einfordern, weil die Aufhebung der Maßnahmen natürlich ihre Leistung war.
Nur dem bedingt zugelassenen Stoff, dessen Wirkung nach einigen Wochen abnimmt und der keine sterile Immunität schafft, war es zu verdanken, dass die Pandemie enden konnte.
Die wissenschaftlich belegte Entwicklung von Viren hin zu meist harmloseren Varianten, die schon deshalb natürlich ist, weil das Virus kein „Interesse“ daran hat, seinen eigenen Wirt auszumerzen, werden sie nach wie vor leugnen.
Wer so weit abseits der Realität zeltet, braucht keinerlei Beweise. Erst recht nicht für eigene Heldentaten.
Wie gesagt, schwer erträglich – und doch, auf eine Art, eine gute Nachricht. Denn der eingebildete Sieg ermöglicht den Ferngesteuerten beinahe den Rückweg in ein normales Leben, in dem sie nicht mehr die Last der Heilsbringung der gesamten Menschheit auf ihren Schultern tragen müssen. Noch immer lebt dann ein Teil der Bevölkerung in einem dauerhaften Fantasma, das aber nicht mehr auf die Gegenwart, sondern auf die Vergangenheit bezogen ist. Hunderttausende, teilweise 5fach geimpfte »Corona-Helden« verwandeln sich in corona-nostalgische Veteranen: »Damals, als wir alle 6 Wochen uns die Impfung abgeholt haben!« Immerhin handelt es sich um eine einigermaßen gesichtswahrende Rückkehr in eine, na ja, neue Normalität.
Diese neue Normalität aber könnte in eine neue, absurd anmutende Situation münden. Ausgangspunkt ist die Aussage von Christian Drosten im Interview mit dem Tagesspiegel: »Das Virus muss sich verbreiten, aber eben auf Basis eines in der breiten Bevölkerung verankerten Impfschutzes. Die abgeschwächte Infektion auf dem Boden der Impfung, das ist so etwas wie ein fahrender Zug, auf den man aufspringt. Irgendwann muss man da aber auch mal drauf springen, sonst kommt man nicht weiter. Die gute Nachricht ist: Im Moment fährt der Zug angenehm langsam, denn Omikron hat eine verringerte Krankheitsschwere.«
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