Verschwörungstheorien als Prestigeobjekt

 

Die Wahrheit ist schlimm genug

Wer gute Geschichten zu erzählen weiß, der versteht es, Menschen um sich zu scharen. Wer Geheimwissen preisgibt, muss ein guter Mensch sein, dem die Aufklärung anderer am Herzen liegt. Wer Spannendes teilen kann, der hat ein aufregendes Leben. In jedem Fall ist dieser Mensch besonders. In jedem Fall muss man diesen Menschen bewundern. In jedem Fall hat dieser Mensch Respekt verdient.

Nein, nicht in jedem Fall.

 

Verschwörungstheorien die wahr wurden

 

Leider ist das meiste, was vor 2 Jahren noch mit dem vernichtenden Urteil „Verschwörungstheorie“ vom Tisch der bedachten, besonnenen und abgeklärten Menschen gewischt wurde, mittlerweile wahr geworden.

 

Es geht hier nicht um das Sammeln von Indizien und die Beweisaufnahme. Wir befinden uns nicht vor Gericht. Noch nicht.

 

Eine Aufzählung, was alles wahr wurde, folgt nicht. Für diejenigen, die geifernd darauf warten, dass man sich schon während der ersten Zeilen selbst widersprechen wird, damit sie dann den Beitrag bei Faktenchecker und Korrektoren melden können, wenden wir uns vom C-Thema ab und betrachten andere „Theorien“, die sich leider im Nachgang als wahr herausgestellt hatten:

  1. US-Geheimdienste überwachen das Internet 
  2.  Die CIA verabreichte in den 60er Jahren einigen amerikanischen Bürgern ohne deren Wissen LSD, um ihren Geist zu kontrollieren.
  3. Der Besitz von Massenvernichtungswaffen des Iraks war erfunden, um den Krieg zu rechtfertigen
  4. Das „Wunder von Bern“ wurde durch die Verabreichung von Aufputschmitteln möglich.
  5. Lance Armstrong hat gedopt.
  6. Am Ende des zweiten Weltkriegs arbeiteten die Nazis und die CIA zusammen.
  7. Zur Zeit der Prohibition vergiftete die amerikanische Regierung alkoholische Getränke, um Menschen vom Alkoholkonsum abzuhalten. 10000 Menschen starben.

Nicht aufregen! Einfach hier selbst nachlesen:

 

Was ist überhaupt eine Verschwörungstheorie?

 

„Wir werden alle zentral gesteuert. Es gibt Gruppen von Menschen, die schon lange vorher einer Agenda, einem Plan folgen, der allen, die nicht eingeweiht sind, Schaden zufügen wird. Nur, wer Bescheid weiß, kann sich retten.“

 

Das ist der Bauplan, nach dem alle Verschwörungstheorien funktionieren. In der Forschungsliteratur wird zwischen Verschwörungshypothesen und Verschwörungsideolgien, - mythen unterschieden.

Eine Hypothese ist gekennzeichnet durch Rationalität und durch Aussagen, die sich überprüfen lassen (hierzu zählen die oben geschilderten Beispiele. Es waren zunächst Hypothesen, die sich dann leider als wahr erwiesen).

 

Verschwörungsmythen oder Ideologien definieren sich dadurch, dass diejenigen, die sie verbreiten, gar nicht wollen, dass man diese Mythen und Ideologien überprüft. Man soll den Geschichtenerzählern einfach nur glauben und sie bewundern.

Was wir also in den letzten 2 Jahren hatten, waren vielfach Hypothesen. Die Entwicklung hat uns gezeigt, dass diese Hypothesen heute in der Realität belegbar sind.

 

Schlimm genug. Aber das scheint den echten Verschwörungmythenerzählern nicht zu gefallen. Die Wahrheit zerstört ihre Daseinsberechtigung.

 

Respektvolle Ruhe

 

Nur so ist es zu erklären, dass diese Personen keine „Ruhe“ geben. Jetzt, wo die Entwicklung gezeigt hat, dass vieles eben doch so dramatisch wurde, wie es prophezeit wurde, wäre es an der Zeit für die Damen und Herren, die sich so sehr um die Aufklärung der gesamten Menschheit kümmern, in gelassener Ruhe mit wohlwollendem Grinsen und leicht zynisch hochgezogenen Augenbrauen im Lehnsessel zu sitzen.

 

Sie könnten diese Ruhe noch mit einem gönnerhaften „Habe ich es nicht gesagt?“ garnieren.

 

Okay. Genehmigt.

Nein, das ist ihnen anscheinend nicht genug.

(Ich muss gerade an den James Bond Film denken: „The world is not enough.”)

 

Die Wahrheit ist schlimm genug

  • Die Gesellschaft ist nicht mehr so, wie sie einmal war.
  • Die Menschen haben Angst.
  • Die Menschen wurden/werden krank (ob nun in Folge von A oder in Folge von B will ich hier nicht thematisieren).
  • Politiker und Politikerinnen wurden binnen kürzester Zeit zahlreicher Lügen überführt.
  • Die Demokratie nimmt Schaden (auch hier will ich nicht thematisieren durch wen und aus welchem Grund).
  • Zahlreiche Geschäfte sind pleite gegangen.
  • Menschen haben sich aufgrund der Situation selbst das Leben genommen.
  • Familien leben aufgrund ihrer unterschiedlichen Sichtweisen in Streit.
  • Menschen werden entlassen.
  • Menschen werden diffamiert.
  • Menschen werden beschimpft.

 

Diese Liste ließe sich noch für viele Zeilen und Absätze fortführen. Was mit ihr zum Ausdruck gebracht werden soll: Die Wahrheit ist schlimm genug.

Es reicht, das zu betrachten, was offensichtlich ist. Man muss nicht zwangsläufig etwas erfinden.

 

Manipulativ gegen Manipulation

 

„Schnell angucken, bevor es gelöscht wird.“ – „Achtung, Breaking News!“ – „Ultrageheimes Geheimwissen.“

 

Das sind nur einige der Sätze, die mich schon bevor ich weitergucke, skeptisch werden lassen.

Ja, die Zensur, die es ja angeblich nicht gibt, ist offenkundig. Ja, Kritik wird ausgemerzt und oftmals die Kritiker gleich mit. Das sind mittlerweile leider Fakten, die in die Kategorie „Die Wahrheit ist schlimm genug“ passen.

Es lässt einen sprach- und fassungslos zurück.

 

Doch vieles, was im Netz kursiert, ist einfach nur manipulativ. Manipulation bei den sogenannten Qualitätsmedien ist ebenso offensichtlich wie die Ausgrenzung kritischer Meinungen. Das ist nicht nur schändlich, sondern auch unwürdig und aufs Tiefste zu verachten.

 

Man kann aber Manipulation nicht mit Manipulation begegnen. Zumindest sollte man es nicht tun.

 

Wenn Videos und Reden abrupt aufhören, wenn sie an den entsprechenden Stellen effektvoll (oder effektheischend) geschnitten werden, wenn der Zusammenhang nicht hergestellt wird, nicht hergestellt werden soll, nicht hergestellt werden darf, dann wird der Konsument zum unmündigen Bürger erklärt, dem man Glauben machen will, seine Mündigkeit wäre das, was man mit der „Information“ bezwecken wolle.

 

Pfui Teufel.

 

Glaubwürdigkeit ad absurdum geführt

 

Warum tun Menschen so etwas? Könnte es sein, dass hier ein krankhaftes Geltungsbedürfnis Treiber des Tuns ist? Welche Daseinsberechtigung hat denn der Geschichtenerzähler noch, wenn die Geschichten einfach nur real sind?


Wo bleiben die geifernden Anhänger? Wo die bewundernden Ohren? Wo die Verteilung im Netz? Wo die mediale Reichweite? Wo die Gefolgschaft der Unwissenden, die man in gönnerhafter Manier aufzuklären versucht, in der Einschätzung, sie wären für Tragweite des Geheimwissens sowieso nicht stark genug?

 

Wem es um die Wahrheit geht, dem ist dies nicht wichtig. Wem es um das eigene Ego geht, der sieht sich als Kapitän eines Schiffes, welches durch die Wogen der Welt steuert. Er schmückt sich damit, beseelt vom Altruismus die Schiffbrüchigen zu retten.

 

Genauso wie die „anderen“

 

Meinen persönlichen Respekt verspielen diese Menschen in exakt der gleichen Weise wie es lügende Politiker (m, w, d) tun.

 

Sie sind keinen Deut besser. Sie manipulieren Menschen und halten sie in Angst und Panik, während die Vorwürfe, dass dies die Politik tun würde, wie eine Monstranz vor sich hergetragen wird.

 

Oftmals bekommt man derartige „Breaking news“ dann in hundertfacher Ausfertigung auf gefühlt 10 Kanälen und in 5 Gruppen unkommentiert und ebenso unreflektiert zugeschickt.

 

Gibt man sich kritisch, fernab von tiefer Dankbarkeit, dass dieses ultrageheime Geheimwissen selbstlos geteilt wurde, reagieren die Sender nicht selten beleidigt.

 

Erstaunen, schockierte Dankbarkeit, gemeinsames Weiterspinnen „Oh, was könnte denn passieren, wenn das wahr wäre?“ – waren die Ziele, die mit der Weiterleitung verbunden waren. Wir. Gemeinsam in einem Boot. Gerettete Schiffsbrüchige. Die gut Informierten, die Aufgeklärten, die Pioniere. Wir müssen zusammenhalten.

 

Ja, Zusammenhalt ist wichtig. Die Wahrheit ist schlimm genug. Die Aufarbeitung dessen, was falsch gelaufen ist und was falsch läuft wichtig, aber nicht mit den gleichen Mechanismen, die man anderen zum Vorwurf macht.

 

Prophezeiung

 

Es wird uns noch viel Kraft kosten und es wird länger dauern, als uns allen lieb ist, aus der Misere und Bredouille wieder herauszukommen. Das reicht, um sich bewusst zu werden, dass wir noch einen langen Weg gemeinsam gehen müssen, der mitunter nicht nur steinig, sondern felsig sein wird.

 

Das ist keine Verschwörungstheorie, das ist noch nicht mal eine Verschwörungshypothese. Das ist nur meine persönliche Meinung und Einschätzung. Und ich freue mich, wenn ich hier falsch liegen sollte.

 

 

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