Scheuklappen

 


Pferde sind schöne Tiere. Ich habe aber keine Ahnung von Pferden, weswegen ich die Scheuklappen hier als Metapher verwenden will. Mit Scheuklappen wird das Sichtfeld der Pferde eingeschränkt. Dies geschieht zu ihrer Sicherheit. Mit Scheuklappen kann man die Tiere besser lenken.

„Die Scheuklappen ermöglichen beim mehrspännigen Fahren gezielte Peitschenhiebe auf das Pferd, ohne dass das andere Pferd etwas davon mitbekommt und darauf reagieren könnte.“

Zugegeben, die Beschreibung ist von Wikipedia übernommen. Insofern gehe ich davon aus, dass Reitexperten viel mehr dazu zu sagen hätten. Deshalb hier nochmals meine Bitte, es soll „nur“ als Metapher verstanden werden.

Scheuklappen

Ein bisschen anders wurde mir schon, als ich die Erklärung gelesen habe. Ein Wesen sieht nicht, wie auf das andere eingeschlagen wird und bekommt deswegen keine Angst. Frei nach dem Motto: Ich sehe nicht, was um mich herum passiert.

Gut, das ist nur eine Funktion, die Scheuklappen übernehmen sollen. So kann man weiterlesen:

„Zudem sollen Scheuklappen verhindern, dass schreckhafte Pferde von der Seite oder von hinten abgelenkt werden, und die Augen der Pferde vor der Peitschenschnur schützen. Beim Einspänner sind Blendklappen nicht unbedingt notwendig.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Scheuklappen)

Eine Sicht oder Einsicht

Sich nicht alles zu Herzen zu nehmen, nicht jedes Leid mitfühlen zu müssen, ist eine Schutzfunktion unseres Kopfes und unseres Körpers. Wir können nicht überall mitleiden, sonst wären wir nicht mehr lebensfähig. Und dies gilt in allen Bereichen.

Fakt ist, dass man etwas betriebsblind wird, wenn man seine Scheuklappen nicht mehr ablegt.

Das, was meinen täglichen Ablauf bestimmt, prägt mich. Ein Sportler kann nicht verstehen, wie Menschen Sport ablehnen können, ein Musiker nicht, wie Menschen keine Musik mögen können. Da diese normale Engstirnigkeit keine Menschenleben aufs Spiel setzt, kann man sie – außer man ist Sportler oder Musiker – relativ gelassen hinnehmen.

Anders wird es dann schon, wenn es um Leid, Leidensfähigkeit und Einschränkungen geht.

 

Natürlich ist die Situation dramatisch

Viele Berichte über die dramatischen Situationen in den Krankenhäusern erreichten uns in der zurückliegenden Zeit. Viele Menschen erzählen davon. Menschen, bei denen man sich manchmal wundert, wie diese hier eine Einschätzung treffen können, wenn sie von überlasteten Intensivstationen, die sie angeblich selbst gesehen hätten, berichten und man weiß, dass die Person zur orthopädischen Behandlung ins KH musste. Also normalerweise kann man nicht einfach mal so auf der Intensivstation vorbeischauen…

Dafür gibt es auch die eindrucksvollen Berichte der Menschen, die es wirklich wissen müssen, die tagtäglich dort arbeiten. Die dabei fast kaputt gehen, die sich aufarbeiten, schier Unmenschliches leisten, die Menschen leiden sehen, die Menschen sterben sehen. Jeden Tag. Immer wieder.

Auf der Intensivstation ist es schlimm. Ich weiß das, ich war da auch mal als Patient. Über eine Woche lang. Und ich war sehr dankbar, dass es das tolle Pflegepersonal gab.

Jeder kann das

Aber wir laufen alle mit Scheuklappen durch die Gegend. Ich sehe meinen Bereich und denke, dass ist das Abbild der Gesellschaft. Ist es nicht. Es ist der Teil, den ich sehe. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Wenn ich in der 3. Einheit eines Pole Dance Kurses Menschen dazu bringen kann, an einer vertikalen Stange zu sitzen und es jede Person schafft, dann kann ich sagen: Das kann jeder!

Nein! Das stimmt nicht.

Und wenn ein Trainer der einen Wirbelsäulenkurs leitet sagt, jeder Mensch hat Rückenprobleme, weil er jeden Tag die Personen sieht, die mit Rückenproblemen in seine Kurse kommen, dann stimmt das auch nicht.

Wenn ich nur die sehe, die krank sind, verliere ich den Blick fürs Gesunde

Ja, die Situation auf den Intensivstationen ist dramatisch. Es sind nicht nur die schwerkranken Personen, sondern es ist das kranke Gesundheitssystem was offensichtlich wird. Daran sind aber nicht die Ungeimpften schuld. Mehr als 90% der Gesellschaft ist gesund. Nicht symptomlos positiv getestet, sondern gesund. Diese Tatsache ist schwer zu begreifen, wenn ich nur Leid und Elend um mich herum sehe.

Nicht sehen wollen, was auch den Tatsachen entspricht

2G und wir sind save? Nein. Denn auch die Geimpften können die Krankheit übertragen. Wir alle hatten die Hoffnung, dass die Impfung ein „Game-changer“ sein könnte. Ja, auch ich, die sich nicht impfen lassen möchte. Immer noch nicht. Aus Überzeugung, nicht aus Trotz.

Es hat nicht geklappt

Ich hatte einen Plan. Aber der Plan hat nicht funktioniert. Mist. Bin ich schuld? War der Plan falsch oder bin ich nur einfach nicht so „mächtig“ wie ich es gerne wäre? Die Antwort kennt Gott oder niemand oder eine höhere Macht.

Die Krankenhausampel

Die Einführung der Krankenhausampel schien vernünftig. Der Blick hätte sich genau auf den oben beschriebenen Bereich richten sollen. Sind die ITS überfüllt, dann ist dies nun einmal ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir in einer schlimmen Situation stecken.

Die Krankenhausampel wurde zugunsten der für Panikmache viel geeigneteren Indizenzwerte wieder "abgeschafft" - quasi über Nacht.

Und selbst die KH-Ampel hätte nur ein verschwommenes Bild gezeichnet, weiß man doch, dass auch eine künstliche Verknappung stattfand. Das, was man am Dringesten brauchte, wurde in der Zeit, in der man es am Nötigsten hatte, beschnitten, abgeschafft, verknappt.

Daran haben nicht die Kranken, nicht die gespikten und nicht die ungespikten Schuld.

Scheuklappen – sich nur nicht ablenken lassen

Meine Heilpraktikerin mag das Wort „Schuld“ nicht. Sie sagt dann gerne, man hätte ein „Thema“ mit etwas. Was uns eint, ist das gleiche Thema, was wir tun, ist Schuldzuweisung betreiben. Damit werden wir aber nicht vorankommen, sondern uns selbst, unsere Zuneigung, unsere Menschlichkeit, unsere Herzlichkeit vorsätzlich kaputt machen.
Damit sind wir schon ein ordentliches Stück weitergekommen. Der Ton wird rauer, die Stimmung feindeliger.

Das macht mich traurig.

Wir sind keine Pferde

Um in der Metapher zu bleiben: Wollen wir uns vor einen Karren spannen lassen? Wollen wir die Augen verschließen vor dem Unrecht, was rechts und links neben uns passiert? Ist es nicht eher Zeit mit Erschrecken festzustellen, was neben uns passiert? Ohne Scheuklappen werden wir erschrecken. Mit Scheuklappen bleiben wir blind.

Persönliche Erfahrung

Es ist eine Sache, sich ein Bild zurechtzuschustern und eine andere, es selbst zu erleben.
Nun können wir als Familie mitreden. Unsere Erfahrungen kann man hier lesen.

Ich leugne die Krankheit nicht und ich würde auch nie behaupten, dass sie für alle harmlos ist. Es gibt Menschen, die erwischt es hart und andere haben einen milden Verlauf. Rücksicht, Umsicht und ein Handeln mit Bedacht sind sinnvoll.

Die Entscheidung, ob man sich immunisieren lässt (was ja nicht funktioniert), sollte nach wie vor jeder Person selbst überlassen bleiben.






 

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