Dann lieber online

Präsenzveranstaltungen sind mit den geltenden Regeln nicht machbar

 

Kontaktbeschränkungen. Erwachsenenbildung auf „Stopp“ geschaltet. Keine Präsenzveranstaltungen. Zum Nichtstun verdonnert. Der erste Lockdown erwischte uns alle eiskalt. Aber es wurde besser. Als man realisierte, dass es sich um nichts handeln würde, was man aussitzen kann, freundete man sich mit Online-Veranstaltungen an. Auch diese liefen besser als erwartet. Es war schön zu sehen, dass alle bereit waren, sich auf Neues einzustellen. Wie habe ich mich gefreut, als die ersten Seminare und Coachings als Präsenzveranstaltungen wieder möglich waren. Zuerst war es ungewohnt, aber machbar. AHA-L Regeln und am Platz durften teilnehmende Personen und Referent/in die Maske abnehmen. Geht. Aber dann kamen wieder neue Regeln.

 

Vorteile von Online-Schulungen

Keine Fahrzeit, keine Parkplatzsuche, jede teilnehmende Person wählt die Raumtemperatur, die er oder sie für angenehm empfindet. Man kann gemeinsam etwas gestalten und lernen, auch wenn man sich nicht im gleichen Raum befindet. Die Präsentation hat jeder direkt vor sich auf dem Bildschirm, jeder sieht sie in gleicher Qualität. Und wenn das Seminar beendet ist, dann ist man auch gleich wieder „zu Hause“. Ganz so schlecht, wie man am Anfang dachte, sind diese Online-Veranstaltungen nicht.

 

Nachteile von Online-Seminare

Das Miteinander fehlt irgendwie doch. Gemeinsam an einem Ort zu sein bedeutet mehr, als nur im gleichen Zimmer zu sitzen. Dazu kommen Berührungsängste mit der neuen Technik, die Abhängigkeit von Internetverbindungen und die manchmal sehr unterschiedliche Tonqualität. Gruppenarbeiten können nur bedingt realisiert werden. Unter Umständen lässt man sich von der heimischen Atmosphäre oder auch vom Arbeitsplatz, an dem man sich befindet, ablenken. Wenn Teilnehmer es wollen, können sie im wahrsten Sinne des Wortes abschalten. Was soll die Seminarleitung tun, wenn Ton und Kamera einfach nicht angeschaltet werden? Wobei ich sagen muss, dass ich dies tatsächlich nie erlebt habe. Es war vielmehr eine helle Freude zu sehen, wie engagiert und bereitwillig die Online-Teilnehmer dabei waren.

 

Vorteile von Präsenzveranstaltungen

Schulungsräume bieten gemeinhin die bessere Technik für die Durchführung von Seminaren. Medien sind vorhanden. Das ganze Geschehen wird dynamischer und es findet – vor allem bei mehrtägigen Veranstaltungen – eine Gruppenbildung zum Positiven statt. Die Pausengespräche dienen dem Austausch neben den Inhalten der Schulung. Man sieht sich einfach live und in Farbe.


Präsenzveranstaltungen mit derzeit geltenden Regeln

Wir sind es ja mittlerweile fast schon gewöhnt, dass sich die Regeln ständig ändern. Was gestern galt, lautet heute wieder anders. Für eine Präsenzveranstaltung Anfang September waren dann die Vorgaben wie folgt:


+ Fenster dauerhaft geöffnet

+ Teilnahme nur mit Statusnachweis (3G)

+ Kontaktfragebogen ausfüllen, falls doch was sein sollte.
+ Jeder TN sitzt an einem Einzeltisch

+ Die Einzeltische haben einen Abstand von mindestens 1,5m zueinander.

+ Während des gesamten Seminars gilt für alle, inklusive der Seminarleitung Maskenpflicht.

 

Nein, auch wenn sich kein Teilnehmer im Raum bewegt, auch wenn die Abstände dauerhaft eingehalten werden können, auch wenn alle getestet, genesen oder geimpft sind, die Masken bleiben drauf.

 

Das Schulungszentrum setzt auch nur gewissenhaft um, was es von „oben“ als Vorgaben bekommt.

Und so war die Gruppe bereits in der ersten Frühstückspause einhellig der Meinung: „Da hätten wir das Seminar lieber online gemacht, das wäre besser gewesen.“

 

Als Referentin schalte ich jetzt mal ganz bewusst den divenhaften Jammermodus ein, denn so wird er von einigen empfunden werden: „Ich kann so nicht arbeiten.“

Ein Seminar zu leiten erfordert höchste Konzentration. Die Inhalte im Kopf haben, die Technik bedienen, das Zeitmanagement nicht aus den Augen verlieren, verständlich und deutlich sprechen, die Teilnehmer binden und einbinden, die Dinge so erklären, dass sie für die teilnehmenden Personen passend sind. Im Kopf ist man immer schon beim nächsten Punkt, lässt aber auch den teilnehmenden Personen Raum und versucht das Ganze dennoch so humorvoll und locker wie möglich und so streng wie nötig zu gestalten. Man hat einen Anspruch, den man erfüllen soll und will.

 

Nein, das war nicht möglich. Binnen Minuten bekam ich Kopfweh. Kontaktlinsen vertrage ich nicht, eine Brille konnte ich nicht aufsetzen. Die Maske behinderte meine Atmung. Die Teilnehmer sah ich aufgrund meiner Kurzsichtigkeit nicht gut. Die Brille hätte keine Abhilfe geschaffen (habe es probiert), weil sie dauernd beschlägt. Die Teilnehmer/-innen hatten ihrerseits (noch) weniger Lust, sich einzubringen, denn es war anstrengend. Eben noch anstrengender als sonst. Nicht jeder hat eine sonore Stimme, die gut verständlich ist und die Masken verschlucken ihrerseits einen Teil der Aussagen. Die Mimik geht verloren, die Lust auch. Gruppenarbeiten sind nicht möglich. Und wenn die Temperatur draußen entsprechend herbstlich ist, dann kommt die Tatsache dazu, dass die Teilnehmer anfangen zu frieren.

 

Das Mittagessen

Beim Mittagessen war es uns dann als Gruppe erlaubt, zusammenzusitzen. Ohne Maske. (Nun: Essen mit Maske geht eben auch nicht). Hier waren Abstände, Masken und geöffnete Fenster nicht mehr (so) wichtig. Auch hier hat man sich an die geltenden Regeln gehalten. Das Virus macht Diät, es nimmt kein Mittagessen zu sich.

 

Dann lieber online

Auf Wunsch der teilnehmenden Personen haben wir den zweiten Tag der Schulungsreihe online gemacht.
Wie traurig ist es, dass man sich zugunsten des Miteinanders entschließt, auf das lebendige Miteinander zu verzichten, weil ein Austausch unmöglich gemacht wurde? Das nächste Mal gehen wir einfach in ein Fußballstadion, da wird nicht so genau geguckt.

 

Nehmt uns nicht das Miteinander

Gewundert habe ich mich in den letzten 1,5 Jahren über so Manches. Nachvollziehbar waren einige Regeln noch nie. Dieser Tag, auf den sich alle gefreut hatten, hat uns gezeigt, dass die Regeln das Soziale kaputt machen. Kein Mensch konnte nachvollziehen, warum beim Mittagessen andere Regeln gelten als im Seminarraum und warum es uns nicht einmal erlaubt war, am Platz die Maske abzunehmen. Ich fühlte mich schikaniert. Nicht vom Schulungszentrum, dieses versucht auch nur, sich immer korrekt und richtig zu verhalten. Nein, ich fühlte mich schikaniert von den Regeln und konnte nicht umhin mich an Fotos von anderen Zusammenkünften offizieller Art (500 Jahrfeier Fuggerei Augsburg) zu erinnern.

Der Vollständigkeit halber muss dazu gesagt werden, dass es sich um eine Outdoor-Veranstaltung handelte, aber auf Bierbänken sitzt man nun mal Schulter an Schulter und auf Tuchfühlung.

 

Die Bilder waren präsent. Sie waren von den anwesenden Personen auch bereitwillig in den sozialen Medien geteilt worden und natürlich hat auch die Presse über dieses Zusammenkommen der prominenten Politiker und Politikerinnen berichtet.

Lachende Gesichter. Lange Reihen von Bierbänken, die alle voll besetzt waren. Keine Masken. Gute Laune, immerhin war ja unser Ministerpräsident auch gekommen.

 

Ach! Mensch, jetzt ist es mir klar: Es war ja eine Feier mit gemeinsamen Essen und wir wissen ja jetzt, dass das Virus auf Diät ist.

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