Ja das macht die Katze froh...
Es ist lange her, dass man Austausch mit echtem Publikum hatte.
Es ist still geworden um die Kunst- und Kulturszene. Viele dulden im Stillen. Viele leiden im Stillen. Aber ein Künstler bleibt immer ein Künstler. Ein passionierter Dienstleister immer ein Dienstleister.
Und manchmal sind Dienstleister echte Künstler. Es soll aber auch Künstler geben, die echte Dienstleister sind.
Vom Applaus allein wird kein Künstler/keine Künstlerin satt, aber er nährt die Seele. Auf der Bühne zu stehen und zu wissen, dass das Publikum sich etwas von einem wünscht und etwas von einem sehen möchte, das streichelt die Eitelkeit. Sollten die Streicheleinheiten ausbleiben, so gebietet es das Selbstverständnis des dienstleistenden Künstlers dennoch oder gerade deswegen bis zum Ende weiterzumachen. Solange das Publikum nicht verlangt, man möge die Bühne verlassen, hat man einen Auftrag zu erfüllen.
Titanic
Im gleichnamigen Film gibt es eine Szene, die mich in mehrfacher Hinsicht berührte. Das Streichquartett steht auf dem Deck des sinkenden Schiffes und spielt. Kurz vorher wurde überlegt, ob man dies unterlassen sollte. Als klar war, dass man keine andere Wahl haben würde, spielten die Musiker weiter. Sie erfüllten ihren Job, sie hielten an dem fest, was sie können, und wofür man sie gebucht hat.
Geben und Nehmen
Ein Künstler nimmt gerne das Feedback des Publikums entgegen. Er oder sie saugt es quasi auf wie ein Anerkennungsschwamm. Vorher muss der Künstler etwas geben. In der oben beschriebenen Szene kann kein Feedback mehr erfolgen, die anderen Personen sind in Panik und kämpfen ums Überleben. Dennoch bleiben die Musiker ihrem Berufsethos treu. Um des Berufs willen, wegen ihrer Leidenschaft und weil es auch keine andere Möglichkeit gibt. „Aufgeben“ ist nicht, „souverän bleiben“ zumindest eine Option.
Ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Maßnahmen
Auf einem sinkenden Schiff hat jeder Künstler und jede Künstlerin Verständnis dafür, dass das Publikum geistig „abwesend“ ist, dass alle in Panik sind und durcheinanderlaufen. Doch auch unter normalen Umständen gab es schon immer Abende, Situationen, Zuhörerschaften, die man nicht wirklich als gelungen bezeichnen konnte. Es regnet nun mal nicht an jedem Abend Sternschnuppen und auch der Künstler ist nicht immer gleich „gut drauf“. Ist er sehr gut, so werden die Qualitätsunterschiede dem Publikum nicht auffallen, dem Künstler/der Künstlerin immer.
Kein Verständnis
Ja, es macht keinen Spaß, wenn man keine lachenden Gesichter mehr sehen kann. Nein, es ist nicht schön, wenn man es nicht schafft, das Publikum vor Staunen erstarren zu lassen und merkt, dass es abgelenkt wird. Aber auch solche Abende gibt es. Dann ist man eben nur Dienstleister und kein Star. Ich habe für derartige Starallüren kein Verständnis. Deswegen bin ich wahrscheinlich auch keiner.
Schwarze Bildschirme
Und wenn ein Künstler, der nach langen Monaten der verordneten Bühnenabstinenz ein Engagement bekommt, den Auftritt abbricht, weil es ihm keinen Spaß macht und er keinen Draht zum Publikum herstellen kann, dann ist es für mich persönlich ein Zeichen mangelnder Professionalität. Viele Trainer und Trainerinnen, Tanzlehrer und Tanzlehrerinnen, Musiker und Musikerinnen hatten ebenfalls lange Zeit keine Möglichkeit Nähe zu ihrem „Publikum“ aufzubauen. Sie waren trotzdem da. Sie haben teilweise jeden Abend mehrere Stunden mit unerschütterlichem Engagement in schwarze Bildschirme hinein motiviert und unterrichtet, weil „Aufgeben“ eben keine Option war und ist.
Nicht ein Abend – 7 Monate lang
Bis die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich ihrerseits daran gewöhnt hatten, das Training via Bildschirm laufen zu lassen, war die Hemmschwelle groß. Der Trainer, die Trainerin war allein im Studio, allein im Ballettsaal, allein. Und man redete, turnte, tanzte, lachte, scherzte, motivierte und erklärte. Immer und immer wieder. Nicht einen Abend, sondern 7 Monate lang.
Nein, ich habe kein Verständnis, wenn man die Situation blöd findet und das am zahlenden Publikum auslässt. Das hat das Publikum nicht verdient.
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