Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

 

 

– oder: Warum ich immer wieder feststelle, dass ich naiv bin. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass man Menschen Glauben schenken sollte, dass man Menschen zuhören sollte, dass man Menschen ernst nehmen sollte. Einige Ansichtsweisen sind allerdings so verquer, dass es selbst mir leichtfällt, diese als puren Blödsinn zu entlarven. Bei anderen Sicht- und Verhaltensweisen, tue ich mir da schon etwas härter. Hinterher bin ich dann umso enttäuschter, auch von mir selbst! Enttäuschung trifft es hier, denn es war (wieder mal) eine Täuschung, die hinweggenommen wurde.

 

Harte Zeiten

Ob wir im Moment wirklich harte Zeiten durchmachen, das ist eine fast schon philosophische Frage. Ich würde die Zeiten eher „anders“ betiteln. Anders als gewohnt, anders als jemals erlebt und mit vielen Herausforderungen gespickt. Da wir aber nicht unbedingt direkte und mittelbare Sorgen um unser tägliches Brot, unseren Schlafplatz und unser Heim haben müssen, möchte ich diese Zeiten nicht unbedingt als „hart“ betiteln.

 

Persönliche Lebensumstände

Spaß macht die Situation im Moment keiner Person. Es gibt Personenkreise, die sind etwas härter getroffen als andere. Es gibt Bevölkerungsgruppen an denen die Pandemie, bis auf ein paar kleinere Neuerungen, fast spurlos vorübergeht: Man kann in die Arbeit gehen, man kann einkaufen gehen, im Sportverein war man sowieso nicht, joggen kann man nach wie vor und die sozialen Kontakte waren schon immer mehr virtuell als real. Diese Personen erleben bis auf die notwendigen und nachvollziehbaren Regeln (Maske, Abstand, Hygiene, Lüften) kaum einschneidende Veränderungen.
Hier fällt es manchmal schwer, begreiflich zu machen, was es bedeutet, nicht mehr arbeiten zu dürfen, was es bedeutet, die Perspektiven zu verlieren, was es bedeutet, die Resultate harter Arbeit wie trockenen Sand durch geöffnete Finger dahinschwinden zu sehen.

 

Ich spiel da nicht mehr mit

Auflagen, Pflichten, Verantwortung, Disziplin. All diese Dinge machen selten Spaß. Aber das Leben in einer sozialen Gemeinschaft besteht nicht nur aus Spaß und dient nicht nur der persönlichen Selbstverwirklichung. Und das Leben ist weder ein Spiel noch ein Ponyhof. Also nicht jammern, sondern machen!

 

Alle im selben Boot?

Aber irgendwoher muss man doch den persönlichen kleinen Kick bekommen, oder? Und wenn alle irgendwie in Booten sitzen, so ist es eben nicht immer das gleiche Boot. Die einen gleiten im Luxusdampfer durch stürmische Gewässer, die anderen versuchen mit bloßen Händen das zerbrechende Floß zusammenzuhalten.

 

Etwas Besonderes sein wollen

Und man sucht Antworten. Antworten auf Fragen, die vielleicht nie gestellt wurden. Das eint viele in dieser Zeit. Und die, die Antworten offerieren, denen hört man gerne zu, weil sie einen Einblick in die tiefgründigen Zusammenhänge zu haben scheinen, weil sie erklären können, was man selbst nicht versteht.

So bekommen diejenigen, die Zusammenhangloses erklären können und das große Ganze dahinter sehen, fast schon Guru-Charakter. Und was passiert einem Guru? Man hört ihm zu, man vertraut ihm, man himmelt ihn an, man glaubt ihm, man schenkt ihm Zeit und Aufmerksamkeit. Das tut jeder Person gut. Ein bisschen Guru sein, ein bisschen Wahrheiten offerieren, ein bisschen Aufmerksamkeit bekommen, das ist doch nicht zu viel verlangt, oder? Und so scheint der Zweck manchmal die Mittel zu heiligen. NEIN, das tut er nicht.

 

Die Wahrheit scheint langweilig

So versuche ich zu analysieren, was mir von ein paar Wochen passiert ist. Da erfuhr ich von einer Unternehmerkollegin, dass der Wirtschaftsminister selbst im Sommer einen Brief verfasst haben sollte in welchem bereits von der Novemberhilfe die Rede war. Alles gut dargelegt und nachvollziehbar geschildert. Sofort war bei mir Feuer unterm Dach! Ein Schriftstück, welches „belegen“ könnte, dass der zweite Lockdown vielleicht doch „geplant“ gewesen ist? Das darf doch nicht wahr sein, dem muss doch nachgegangen werden.

Wie kann das sein? Sofort konfrontierte ich auch (im puren Glauben und Vertrauen auf die Glaubwürdigkeit dieser Person und die Existenz dieses Schriftstücks) verantwortliche Personen und fragte schon einmal „vorbereitend“ nach.

 

Nun, machen wir es kurz. So eindrucksvoll von besagtem Schreiben gesprochen wurde, so unauffindbar war es Minuten später. Nee, man habe den Brief „weggeräumt“, es wäre doch nur das übliche „Bla-Bla“ dringestanden, oder vielleicht war auch nur von der Überbrückungshilfe die Rede gewesen, man wisse es nicht mehr.

 

Die Moral von der Geschichte

Ich habe vertraut und geglaubt. So unglaublich die Geschichte schien, so sehr dachte ich mir, wenn es ein Schriftstück geben würde, dann könne man das ja im wahrsten Sinne des Wortes nachlesen. Und niemand würde sich so etwas ausdenken, das wäre doch nicht fein und das hätte man doch in dieser Zeit gar nicht nötig. In einer Zeit, in der die Wahrheit hart genug ist.

 

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Warum muss die Wahrheit immer ein wenig „ausgeschmückt“ werden? Warum reicht nicht das, was gerade passiert? Warum muss man sich in irgendeiner Weise aufspielen? Und warum bin ich immer wieder so doof und glaube den Menschen?

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