Online auf der Strecke geblieben

 

 

Vor vielen Jahren, als liebe Teilnehmerinnen von uns umzogen, wurden wir gebeten, unsere Kurse online anzubieten. Nein! Das geht gar nicht. Man kann das nicht online machen. Bla, bla, bla. So lauteten damals unsere Aussagen und damit war das Thema für viele Jahre gegessen. So lange, bis einem das Schicksal in den Hintern tritt. Das ist ganz normal. Der Mensch macht selten etwas freiwillig, was für ihn neu ist, wenig attraktiv erscheint und mit gewissen Berührungsängsten verbunden ist. Wenn einem allerdings keine anderen Möglichkeiten mehr bleiben und man sich dennoch dagegen wehrt, so ist dies ein Zeichen von Ignoranz.

 

Inzidenzwerte und Onlineunterricht

Im ersten Lockdown, als auch die Schulen geschlossen haben mussten, stellte die Sprachenschule, die mein Sohn damals besuchte sofort auf Online-Unterricht um. Für alle ein gewisses Neuland. Routine und Souveränität waren im Umgang mit dieser neuen Lernmethode zu Anfang sicherlich bei keinem der beteiligten Akteure vorhanden. Wie auch?

Aber man lernte gemeinsam, man stellte sich den neuen Herausforderungen.

 

Seit September besucht mein Sohn eine Sprachakademie in München. Zu Beginn des „Schuljahres“ wurde angekündigt, dass bei einem Inzidenzwert über 50 der Unterricht auf online umgestellt werden würde. Der Unterricht findet immer noch als Präsenzveranstaltung statt.

 

Gezwungen werden

Während die Institute, die sich auf die Fahne schreiben, für Bildung, Weiterbildung, Ausbildung, Lernen und Entwicklung zuständig zu sein, in digitaler Hinsicht ein wenig „langsam“ zu sein scheinen, waren andere Branchen gezwungen, schnell zu handeln.

Entweder online oder gar nicht, das war die Wahl, die viele Sportstudios, Yogastudios, Tanzschulen, Fitnessstudios, aber auch Ladengeschäfte (zumindest im ersten Lockdown) hatten.

Und man tat, was getan werden musste und was von einem erwartet wurde. Alles!

Aussitzen können

Es war zu Beginn nicht leicht, das Schwungrad in Gang zu bringen. Teilweise mussten schlicht die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, teilweise hatten nicht alle Personen Lust darauf, online teilzunehmen, teilweise dachte man, man könne die „paar Wochen“ aussitzen.

Spätestens im zweiten Lockdown, als wieder die Bereiche/Gewerke/Einrichtungen schließen mussten, die mehreren Studien zufolge mit das geringste Ansteckungsrisiko aufweisen, war klar: Online ist nicht nur eine Notlösung zur kurzen Überbrückung, es wird ein wesentlicher Bestandteil bleiben.

 

Der blanke Hohn

Während tausende Schüler und Schülerinnen weiterführender Schulen täglich in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln den Ort des Präsenzunterrichts zu erreichen versuchen (was nicht immer klappt, vor allem, wenn die Öffis streiken), wird uns erzählt, dass hier kein Infektionsrisiko herrscht, dass der Präsenzunterricht so lange wie möglich aufrecht erhalten werden muss, dass es für die „Kinder“ wichtig wäre.

 

Kinder und andere Leute

Natürlich kann man einen Grundschüler nicht alleine zu Hause lassen und vor dem Tablet parken. Natürlich muss die Betreuungsfrage geklärt sein. Um derartige Selbstverständlichkeiten geht es aber nicht. Es geht darum, dass weder Schüler und Schülerinnen, noch Lehrer und Lehrerinnen geschützt werden. Sie stellen sich täglich dem, was von ihnen verlangt wird, weil keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

Während andere Dienstleister sich alleine weiterbilden, um für die Kunden und Kundinnen da zu sein, werden „Schutzbefohlene“ einfach alleine gelassen.

 

Weiterbildung für Schulen

Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, der Regierung, den Schulen und allen beteiligten Personen „Nachhilfe“ in Sachen Online-Unterricht zu geben? Mir fallen hier spontan mehr als ein Dutzend Yoga-Studios, Tanzschulen, Sportstudios und Fitnesscenter ein, die der Branche, die eigentlich für Bildung zuständig wäre, gerne digital ein wenig unter die Arme greifen würde.

 

Keine Anklage, keine Arroganz

Zum Abschluss möchte ich klarstellen, dass ich es absolut nachvollziehen kann, dass die Aussicht, den ganzen Tag in einen Bildschirm zu blicken, wenig verlockend erscheint. Auch sehe ich, wie Lehrer und Lehrerinnen jeden Tag gefordert werden, ohne gefördert zu werden.

Ebenso geht es den Schülern und Schülerinnen.

Fragen bleiben

Geht es wirklich um einen sinnvollen Infektionsschutz oder ist das Thema Digitalisierung so fern, dass wir uns alle mehr als ein Armutszeugnis ausstellen müssen? Wer erinnert sich nicht an die Worte, dass das Internet für uns alle Neuland wäre?

 

Der Wille macht den Anfang

„Hat man vor einer neuen Aufgabe keine Angst, ist sie zu klein.“ (Herkunft unbekannt).
Und wenn jemand Angst hat, dann muss man ihm Mut machen, ihn unterstützen, da sein, Lösungen offerieren und sich dem Neuen stellen, statt stur immer weiter zu verfolgen, was nicht mehr zeitgemäß erscheint und heute sogar Risiken birgt.

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