Ganz oder gar nicht! – Erst die Verstrebungen bringen die Kraft
Ein Song von Wolfgang
Petry, eine Komödie über arbeitslose Stahlarbeiter, die eine Stripgruppe
bilden, um ihre Stütze aufzubessern, eine Aussage über (scheinbare)
Wahlmöglichkeiten, eine Ansage an die eigene Motivation und vieles mehr.
Ganzheitlichkeit –
nur ein inflationär benutzter Begriff?
War es vor kurzem noch das Wort „Wertschätzung“ welches
sinnbildlich für alles Gute im menschlichen und sozialen Miteinander steht und
stand, so ist es heute die Ganzheitlichkeit. Ganzheitlich ist gut. Ganzheitlich
verspricht Erfolg. Ganzheitlich ist intensiv.
Ganzheitlich bedeutet aber auch, alles wahrzunehmen und mit
allem umzugehen. Mit den (scheinbaren) Defiziten und den vorhandenen Stärken,
mit Deprivationen und Fülle.
Ganzheitliche
Beratung
Ganzheitliche Beratung beispielsweise ist mehr als nur die Verordnung
eines Medikaments oder einer Vorgehensweise, die Symptome bekämpft. Ganzheitliche
Beratung ist nicht nur ein Ratschlag, sie geht tiefer. Ganz gleich in welchem
Bereich. Ob es sich nun um einen ganzheitlichen Coachingansatz, oder um
ganzheitliches (sportliches) Training handelt, hier wird von allen Beteiligten mehr
als nur ein Teilbereich gefordert (und gefördert).
Nach einer klaren Ist-Stand-Analyse, die das Thema definiert,
werden die vorhandenen Ressourcen betrachtet, eine Lösung gesucht, verglichen,
ob die Lösung zur Person passt, die Strategie der Lösung individuell angepasst
und danach gemeinsam umgesetzt. Das Gegenüber wird nicht allein gelassen.
In der Pädagogik beschreibt der ganzheitliche Ansatz analog
das Einbeziehen der affektiv-emotionalen Aspekte neben den traditionell kognitiv-intellektuellen
Aspekten. Lernen geht eben nicht nur im Kopf vonstatten.
Ein gesunder Ansatz?
Ganzheitlichkeit mit dem Ziel der vollkommenen Gesundheit?
"Gesundheit ist ein
Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und
sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen." (Definition WHO, 1946)
sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen." (Definition WHO, 1946)
Geht nicht! Niemand fühlt sich vollständig wohl. Jeder hat
sein Päckchen zu tragen und Themen und Herausforderungen, die den Alltag mehr
oder weniger mitbestimmen.
Es muss also allen Beteiligten klar sein, dass die Suche
nach Ganzheitlichkeit dem Weg der Erleuchtung gleichkommen könnte: Langwierig,
schwierig, herausfordernd und nur für wenige zu erreichen.
Na dann kann man es auch bleiben lassen, oder? Also lieber
gar nicht als ganz?
Ein ganzheitlicher Ansatz, egal ob im Sport oder in der
Beratung ist ein sinnvoller Weg. Angeblich sagte Antoine de Saint-Exupéry einmal:
„Wenn Du ein Schiff
bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen,
Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht
nach dem Meer.“
So ist es im Sport, so ist es im Berufsalltag. Man kann Aufgaben
verteilen, Übungen machen, Trainingspläne erstellen und wird damit auch Erfolg
haben. Die Halbwertszeit ist allerdings kurz. Teams müssen (gefühlt) nach jeder
erledigten Aufgabe neu angelernt werden, das Körpergefühl im sportlichen
Training wird nur leidlich verbessert. Man tut zwar etwas, aber weiß eigentlich
nicht warum und wozu, erwartet aber dennoch die erhofften Erfolge.
Was Ganzheitlichkeit
verlangt
Ganzheitlichkeit wird in diesem Miteinander aus
Trainer/Coach und Gegenüber (im Sport oder Berufsalltag) in aller erster Linie
vom Trainer verlangt. Er/sie muss gewillt sein, sich ganz einzubringen. Und zu „ganz“
gehört hier eben auch die Psyche, die Persönlichkeit, der Charakter, die
eigenen Emotionen, die eigenen Bedürfnisse, das Wissen um und die Handhabung der
eigenen Stärken und Schwächen und die Offenheit.
So lange ein Trainer/Berater/Coach sich selbst nicht
ganzheitlich einbringt, kann er dies auch nicht von seinen Teilnehmern und
Teilnehmerinnen, von seinen Klienten und Klientinnen oder auch von seinen
Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verlangen.
Ganzheitlichkeit polarisiert
Wer sich als Dienstleister (in welchem Bereich auch immer)
dermaßen einbringt, arbeitet ganzheitlich, was allerdings auch bedeutet, dass
er oder sie ganzheitlich Energien nutzt und verbraucht.
Wer sich komplett offenbart und in seiner Tätigkeit aufgeht,
lässt das Gegenüber an Überzeugungen, Emotionen und eigenen Werten teilhaben.
Das wird polarisieren.
Eine Einstellung, die die eigene Tätigkeit als puren „Job“
bezeichnet, sieht das nicht vor.
Dementsprechend muss nicht nur das Gegenüber auf die Bedeutung
der Ganzheitlichkeit vorbereitet werden, sondern der Dienstleister auch.
Ganzheitlichkeit kann nicht immer und überall und in jedem Bereich
erreicht werden kann, noch ist diese überall sinnvoll.
Wenn man sich einen Dorn eingetreten hat, so möchte man eine
kompetente Person, die diesen Störfaktor professionell und ohne Folgeschäden
entfernt. Hier sucht man bestimmt nicht nach einem Menschen, der zunächst
einmal grundsätzliche Fragen nach der Lebensgestaltung stellt, um herausfinden
zu können, wie dieses „große Unglück“ überhaupt passieren konnte und welchen
Anteil an diesem „Unfall“ die geschädigte Person selbst trägt.
So wird der Begriff der Ganzheitlichkeit in einigen
Bereichen der Medizin auch verständlicherweise kritisch betrachtet bis abgelehnt.
Hohe Ziele
Im betrieblichen Gesundheitsmanagement hat man als Berater
das Ziel, das Wohlbefinden der Teilnehmer und Teilnehmerinnen ganz allgemein
und im beruflichen Umfeld zu verbessern. Als Trainer im sportlichen Bereich
erwarten Kunden und Kundinnen (sichtbare) Erfolge durch die Inanspruchnahme der
Dienstleistung. Der ganzheitliche Ansatz eines Beraters/Coachs verspricht mehr
Ruhe, Gelassenheit, Selbstvertrauen und dadurch mehr Erfolg für das Gegenüber.
Grundsätzlich ist es gut, den Menschen mit all seinen
Facetten zu betrachten. Die Psychosomatik tut dies schon lange, in dem sie
körperliche Erscheinungen mit dem Denken und den psychischen Prozessen
verbindet.
Der Prozess
Jede Person, die Ganzheitlichkeit verspricht/ vermitteln
möchte/ erreichen möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass damit ein
Prozess angestoßen wird. Es ist kein Schalter, den man umlegt, sondern eine
Entwicklung, die gemeinsam gestaltet wird.
Ist man dafür bereit? Möchte man Wege begleiten/gehen, auf
denen Steine liegen werden, die Pausen verlangen, die nicht geradlinig sind?
Ganzheitlichkeit ist kein neues Feature oder ein neuer
Fitnesstrend.
Es ist schön, wenn man als Sporttrainer den teilnehmenden
Personen ein Verständnis für die gesamten Funktionsweisen mitgeben kann, wenn
man ihnen hilft, Mechanismen zu erkennen, das Körpergefühl zu verbessern und
mehr zu tun als „nur“ zu trainieren. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass
das nicht von jeder Person gewünscht ist.
Im Betrieb, im betrieblichen Gesundheitsmanagement und in
der Unternehmensberatung ist das ähnlich. Manchmal möchte man einfach nur Lösungen
haben, ganz bewusst OHNE ein Tiefenverständnis für die Hintergründe.
Wer sich allerdings bewusst auf Ganzheitlichkeit einlässt,
der stößt einen Prozess an, der mehr als nur erfolgsversprechend ist.
Es geht immer darum, Begriffe und die damit verbundenen
(entstehenden) Ideologien kritisch und vernünftig zu betrachten. Ganzheitlichkeit
gehört dazu.
Ganzheitlichkeit in
Petto
Ein guter Trainer/ eine gute Trainerin sollte allerdings die
Fähigkeit besitzen, ganzheitlich zu agieren. Ganz am Ende darf ich hier kurz
auf die gewachsene Verbindung zwischen dem Sportbereich (CrazySports Augsburg) und der Unternehmensberatung (Rebel-Management-Training) eingehen.
Die beiden Bereiche waren schon „immer“ parallel zueinander
vorhanden. Erst die Verstrebungen zwischen den beiden Bereichen ermöglichen
Ganzheitlichkeit und machen aus den starken Parallelen Schienen, auf denen man metaphorisch
den Weg zum Ziel zurücklegen kann. Dann kann aus einem steinigen Weg eine
ruhige Fahrt wie auf Schienen werden.
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