Tanztherapie - Die Kunst, Raum einzunehmen

 


„Traue keiner inneren Stimme, die nicht liebevoll mit Dir spricht.“ (Rolf Merkle) – entnommen als Zitat aus dem Buch „Seelengift“ von Lea Lasatone.

Diese inneren Stimmen scheinen oftmals genau dann laut zu werden, wenn man sich Raum schaffen möchte. Da „Tanzen“ viel mit bedeutungsvollen Bewegungen, der Beanspruchung von Raum und dem Wahrnehmen der eigenen Schönheit und Größe zu tun hat, heißt es zu Beginn oftmals nicht „Takt halten und Rhythmus zählen“, sondern viel eher „die inneren Zweifler mundtot machen.“ 

 

Tanz und Gefühle

Tanz und tänzerischer Ausdruck lebt (meiner bescheidenen Meinung nach) von echten Gefühlen. Man merkt es, ob jemand eine Schrittfolge abarbeitet oder sich seiner selbst bewusst ist und seiner Seele und seinen Gefühlen mittels tänzerischen Bewegungen Ausdruck verleiht und den Bannbruch nach außen erlaubt.

Tanz zeigt somit auch immer ein bisschen von der Stärke, aber auch der Verletzlichkeit, zeigt Gegensätze, erlaubt diese und zieht uns deswegen vielleicht auch in den Bann – als aktiver „Täter“ oder auch nur als beobachtende Person.

 

Tanz und Schönheit

Jeder Mensch ist schön. Jeder Mensch hat ein Strahlen. Manche zeigen es, manche verstecken es. Tanz gibt der Schönheit und Individualität Raum und lässt sie zu. Wer sich allerdings nicht glaubt, dass er/sie schön ist, wer nicht erkennt, wie einzigartig er/sie ist und dass es erlaubt ist, diese Einzigartigkeit auch zu zeigen, der tut sich schwer damit, diese attraktiven Persönlichkeitsmerkmale nach außen zu tragen.

„Ganz okay“ ist eben nicht unbeschreiblich schön. Die meisten Menschen gestehen sich ein „Ich bin schon ganz okay.“ noch zu, alles was darüber hinausgeht, ist anmaßend und findet im Alltag keinen Platz.

Wir schaffen Freiräume. Nicht nur aus technisch notwendigen Gründen haben bei uns alle Personen „Platz“.

 

Tanz und Fehler

Und was passiert, wenn es nicht klappt? Dann melden sich die bösen koboldsgleichen inneren Stimmen und erinnern uns fragend, ob sie es nicht gleich gesagt hätten, dass man das nicht kann. Sie hätten es einem vorher gesagt, dass man es lassen solle, weil es nur fehlerbehaftet wäre, lächerlich, stümperhaft und ungelenk wirken würde.

Na und? Kinder, die laufen lernen, fallen auch um, wirken mit ihren kurzen Stumpenfüßen auf denen sie noch nicht mal ordentlich stehen können, selten grazil, stolpern durch die Gegend und sind ungelenk. Und sind sie dabei nicht mit das Schönste, was die Welt zu bieten hat? Eben.

Wenn wir uns aufmachen, zu tanzen, dann sind wir Kinder, die laufen lernen. Wir stehen nicht auf einer Bühne, wir schaffen uns Freiraum in einer geschützten Atmosphäre.

Jeder Mensch macht „Fehler“ und so lautet ein sehr weiser Spruch: „If you stumble, make it part of the dance.“ – Wenn Du stolperst, lasse es in deine Choreographie einfließen, lass‘ es so aussehen, als ob es dazu gehört.

Niemandem wird es auffallen, außer wir weisen (körpersprachlich) darauf hin.

 

Tanz und Raum

Maße Dir nicht zu viel an. Sei bescheiden. Mach‘ dich klein. Breite dich mal hier nicht so aus. Das steht dir nicht zu. Sei unauffällig. Provoziere nicht. Lenke nicht zu viel Aufmerksamkeit auf dich.

Im Alltag können derartige Hinweise sinnvoll sein oder sogar einen Akt des sozialen Miteinanders, Respekts und der Höflichkeit darstellen. Beim Tanz haben sie nichts verloren.

Nimm Raum ein. Mach‘ dich groß. Erkenne deine Stärke. Lass‘ dir Zeit. Lenke die Blicke auf dich. Sei Diva.

 

Tanz und Beobachtung

Betrachte dich und gestehe Dir zu, dass Du gut findest, was Du siehst. Zumindest ein paar Punkte – vielleicht werden es ja in Zukunft mehr.
Sehe in den Spiegel.

Was am Anfang rein der Überprüfung der korrekten Technik dient, kann mehr als das sein.

Sich selbst beobachten und nicht nur nach den Fehlern suchen ist ein wichtiger Anfang.

 

Tanz und Freiheit

Es gibt kaum jemanden, der in unser Studio kommt und Poledance oder Aerial Hoop rein gymnastisch und sportlich lernen will. Immer wieder kommt bereits zu Beginn die Frage, ob man das Erlernte auch tänzerisch verbinden würde. Ja, auf alle Fälle, den so sieht unsere Philosophie aus.

Am Anfang ist es harte Arbeit, denn als Trainerin kenne ich meine Kobolde, meine eigenen, die auch heute noch da sind und mich stets begleiten. Die Kobolde, die auch mir sagen, dass ich es lassen könne, weil ich nicht schön und nicht grazil, weder elegant noch tänzerisch wäre, aber denen ich nicht mehr zuhören will.

Und gerade weil ich meine eigenen Kobolde kenne, weiß ich, wie sich oftmals die Kobolde anderer anhören können und am Anfang offeriere ich, meinen teilnehmenden Personen beim Kampf gegen die Kobolde zu helfen.

Ich sage meinen teilnehmenden Personen oft, dass auch bei mir die Kobolde beständig meckern würden, ich ihnen nur nicht mehr zuhören möchte bzw. sie nicht mehr ernst nehmen würde, das wäre der einzige Unterschied. 

Und dann darf man miterleben, wie Menschen ihrem ursprünglichen Wunsch, sich tänzerisch auszudrücken, Raum geben und wie sich tiefe und unverwechselbare Schönheit zeigt. Und manchmal möchte man dann als Trainer auch einfach nur noch zusehen und genießen, denn es gibt nichts Schöneres als souveräne und von innen kommende Schönheit, die sich im Tanz offenbart.

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