Orakel, Omen, Weissagungen und der Wunsch, in die Zukunft blicken zu können


 

Heute schon wissen, was morgen kommt. Dieser Wunsch ist wohl so alt wie die Menschheit. Im Zuge des Lock-Downs habe ich einen Online-Kurs bei Harvard absolviert, der dies thematisierte. Was bringt die Zukunft? Wann werde ich diese Figur können? Wie schnell stellen sich die Erfolge des sportlichen Trainings ein? Bringt mir diese Weiterbildung wirklich etwas für meine berufliche Zukunft? Kommt ein 2. Lock-Down? Ganz gleich wie „groß“ oder „klein“ die Fragestellungen auch sein mögen, wir alle möchten wissen, was morgen kommt. Dabei ist es manchmal gut, dass wir diesen Wunsch nicht erfüllt bekommen.

 

Wenn es soweit ist

Hätte man mir im Herbst 2019 gesagt, was 2020 auf mich/auf uns (beruflich wie privat) zukommt, ich hätte mir die Kugel gegeben. 2019 war schon sehr kräftezehrend und ich hätte mir nicht vertraut, 2020 zu meistern, wenn ich gewusst hätte, was dieses Jahr für uns bereithält (und ja, es ist ja noch nicht vorbei). Ohne zu wissen, wie man genau durch ungewohnte Situationen kommen soll, haben wir es doch (bis hierher) geschafft.

Dieses Vertrauen geschöpft aus der Vergangenheit sollte uns eigentlich für die Zukunft stärken, aber das tut es nicht immer.

 

Prognosen, Ziele und Berechnung

Auf der anderen Seite vom Pferd herunterzufallen, ist allerdings ebenso wenig sinnvoll. Es ist schon gut, einen Regenschirm mitzunehmen, wenn die Wettervorhersage von Regen spricht. Im schlimmsten Falle benötigt man den Schirm nicht und lässt ihn irgendwo liegen. Es ist auch gut zu planen und sich über Eventualitäten Gedanken zu machen, so lange man sich darüber bewusst ist, dass es sich um ungefähre Planungen und unsichere Eventualitäten mit einem gewissem Maß an Wahrscheinlichkeit handelt. Auch im Sport ist es sinnvoll, sich VORHER zu überlegen, in welche Gefahren man sich unter Umständen begibt, wie man diese umgehen kann oder welche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind, selbst wenn man dann im Nachgang feststellt, dass man die Hilfestellung gar nicht gebraucht hätte, oder durchaus noch einen Schritt hätte weitergehen können.

Auch Zwischenziele sind wichtig, um immer wieder überprüfen zu können, ob der eingeschlagene Weg noch richtig ist, oder angepasst werden muss. Das gilt im Sport, das gilt im Beruf, das gilt im Privatleben.

Große Ziele in ferner Zukunft müssen schon rein aus Motivationsgründen in Teilschritte mit messbaren Teilzielen dividiert werden. Der vielzitierte 5-Jahres-Plan, wobei ich finde, dass 5 Jahre eine enorm große Zeitspanne sind, schon binnen ein paar Wochen kann sich so vieles ändern.

 

Planung der Angst

Zu viel Wissen, zu viel Prognosen, zu viel Planung kann auch Angst heraufbeschwören (oder falsche Erwartungen). Als Trainer kann ich kein Datum nennen, zu welchem die teilnehmende Person den Trick XY ausführen wird können, obwohl ich immer wieder danach gefragt werde.

Ich kann Erfahrungen weitergeben, ich kann die teilnehmende Person begleiten, ich kann Teilziele definieren. Aber ich kann nicht in die Zukunft sehen.

 

Der Weg ist das Ziel – einfach weitermachen

Wenn man aus Überzeugung einen Weg gewählt hat, dann sollte man ihn weitergehen. Nicht stur, nicht wie „Hans Guck in die Luft“, nicht ohne Zwischenziele und nicht, ohne auf Freunde/Experten zu hören, aber dabeibleiben.

Mangelnder Erfolg erwächst einfach manchmal auch aus der Unlust/ dem Unverständnis, den gewählten Weg weiterzugehen, bzw. daraus, dass man nicht zurückbekommt, was man investiert hat, dass man keinen messbaren Erfolg sieht (zumindest nicht dann, wann man es gerne hätte). Kein Mensch schlägt bewusst einen falschen Weg ein, um sich oder andere zu schädigen. Also steckt ein Gedanke und ein Plan und ein Ziel dahinter, der sich als falsch erweisen kann, aber nicht muss.

 

Vertrauensinvestition

Sich ständig in Frage zu stellen, Pläne und Vorgehensweisen täglich zu ändern, nach sicheren Zukunftsprognosen zu hungern und dennoch keinerlei Garantien zu bekommen, ist manchmal eine Belastung.

Aber für die Zukunft gibt es eben keine Versicherung, nur die Investition des Vertrauens: In sich, aber auch in andere!

Kommentare

Oft gelesen

Oft gelesen