Zu viel Sicherheit macht träge

Vetrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Stimmt. "Safety first" ist im Allgemeinen nicht der schlechteste Grundsatz, nach dem es sich vorzugehen lohnt, aber nicht alle Situationen sind eben zu verallgemeinern.

Es gibt Situationen im Leben, in denen macht ein Übermaß an Kontrolle alles kaputt. Immer dann, wenn Vertrauen wichtig ist, passt dies nicht mit Kontrolle zusammen. Man kann im Leben nicht alles planen, kontrollieren - ja noch nicht einmal abschätzen und dennoch wünschen wir es uns oft.

Überbehütet und eingesperrt

Aus lauter Sorge, dass vielleicht etwas passieren könnte, sichern wir alles, überlegen uns, was denn im "schlimmsten" Fall passieren könnte und versuchen für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Und dann kommt Eventualität Nummer 432 und für diese waren wir nicht vorbereitet und deswegen erwischt es uns umso kälter.

Die Metapher aus dem Rechner

Wie es zu diesen philosophischen Gedanken kommt? Der Grund liegt in Computerproblemen. Mein Rechner wollte irgendwann nicht mehr. Trotz aller Maßnahmen war er langsam, entwickelte Probleme, lies sich nicht mehr an- noch ausschalten und ich war ratlos. Über die Jahre habe ich mir kein kleines Wissen angeignet, aber hier kam ich alleine nicht mehr weiter. 
Einer der Gründe - er läuft immer noch nicht rund - war relativ schnell identifiziert: Ich habe einfach zu viel auf der Festplatte.
Und nicht nur dort. Es könnte ja sein, dass die Festplatte irgendwann nicht mehr zugänglich ist, also speichert man es noch auf einem externen Server. Damit man diesen auch immer erreichen kann, verbindet man alles mit der Festplatte, nicht ahnend, dass damit die Kopie der Kopie der Kopie erstellt wird.

Lange Rede kurzer Sinn: Im Wahn dessen, dass Daten abhanden kommen könnten, die für die Arbeit wichtig sind, habe ich diese überhehütet, eingesperrt, doppelt und dreifach gesichert.
Und das machte den Computer voll und langsam. Ich war ein Computer-Feeder, nur mit der Trägheit, die sich daraufhin breit machte, damit konnte ich nicht umgehen.

Und im Zuge des Warten und des Beobachtens sich drehender Zahnrädchen dachte ich mir, dass es eigentlich im "wahren Leben" auch so ist: Wenn man alles absichern möchte, überall alles mithin nimmt, alles in 5facher Ausführung braucht, weil die Eventualität besteht, dass Nummer 1 bis 4 alle gleichzeitig den Geist aufgeben, dann schleppt man eine ganze Menge mit sich herum. Im Ergebnis wird man langsam und träge. Sicherheit ist gut, das Antizipieren von möglichen negativen Folgen auch, die Absicherung vor diesen Folgen ist auch per se nicht zu verachten, aber das Maß der Dinge ist und bleibt wichtig.

Der Angst-Messie

Vor lauter Angst, dass ich vielleicht die Datei aus dem Jahre X und das Foto aus dem Jahre Y irgendwann noch einmal brauchen könnte, habe ich mich - ohne es zu merken - zu einem Angst-Messie entwickelt. Da die Daten sich ja nicht auf dem Boden häufen, fällt das gar nicht so sehr auf. Aber auf einmal kann man sich nicht mehr bewegen, man findet sich nicht mehr zurecht, nimmt sich selbst die Luft zu atmen und dem Computer die Performance.
So kann es auch im realen Leben passieren: Vor lauter Angst, dass man etwas verlieren könnte, was man vielleicht noch brauchen könnte, wagt man nichts, belastet sich mit unnötigen Sicherungskopien, nimmt sich selbst die Freiheit und den Menschen außenherum die Luft zum Atmen und die Möglichkeit zu agieren.


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