Vor oder nach der Explosion?

 

Glühbirne explodiert

 

Bei einem Luftballon kann man zusehen wie er immer weiter aufgepustet und mit (heißer) Luft, Gas oder was auch immer gefüllt wird. Man fixiert gebannt, wie er sich aufbläht, man weiß was eintreten wird, man wartet auf den Knall. Obwohl man den Knall erwartet, erschrickt man und danach klingeln die Ohren und man muss sich sortieren. Wo stehen wir heute? Vor dem großen Knall, oder hat es schon geknallt? Das Ohrensausen, der Schreck, der uns allen noch in den Gliedern sitzt, das vorsichtige Herantasten an ein neues normales Leben könnten Indizien dafür sein, dass es schon geknallt hat. Oder aber steht uns der große Knall noch bevor? Wird das Licht der Glühbirne immer heller und dürfen wir uns auf ein neues Strahlen freuen, oder wird die Glühbirne bersten und uns in Dunkelheit zurücklassen?

 

Da blickt doch keiner mehr durch

Was ich in den letzten Wochen immer wieder hören konnte war: „Wie ist denn jetzt der Stand der Dinge? Was darf ich denn jetzt eigentlich? Ach, da blickt doch keiner mehr durch.“
Insofern können wir auch nicht wirklich sagen, ob wir uns vor oder nach dem Knall befinden und ob es ein Vulkanausbruch war, der vieles vernichtet, aber fruchtbare Erde hinterlässt. Oder war es ein Urknall, der Beginn einer neuen Zeitrechnung „nach Corona“? Oder kommt der Knall noch?

Was könnte der Knall sein?

 

Zahlen, immer wieder Zahlen

Jeden Tag der Blick auf die Inzidenzwerte. Diese sagen mir, wie ich mich fühlen kann, ob ich ruhig durchatmen darf, ob ich wieder neu planen muss oder ob sogar ein wenig Zuversicht angesagt ist. Zahlen bestimmen unser Leben. Wundervoll, wie die Inzidenzwerte endlich sinken. Und wenn etwas gut ist, dann muss man es auch einfach hinnehmen können.

 

Sei still und freu dich!

Jetzt darfst Du doch dein Studio wieder öffnen, jetzt gibt es doch keinen Grund mehr zu maulen. Sei still und freu‘ dich. Stimmt. Und die Freude genießen tut gut, nur leider lässt sich mein Gehirn nicht so ganz abstellen.

Zurück auf Anfang geht nicht. Das ging schon nach dem ersten Lockdown nicht und jetzt umso weniger. Wieder müssen Dinge neu sortiert werden und von Aufatmen ist man weit entfernt. Dauernd auch die drohende Gefahr erneut steigender Zahlen im Hinterkopf. Kann ich die Kurse jetzt normal durchführen oder muss ich bald wieder schließen? Und wenn die Personen, deren Kurs im Herbst letzten Jahres pausieren musste, ihren Kurs jetzt beenden können, werden sie dann weitermachen?
Muss ich die staatlichen Hilfen zurückzahlen, weil es mir eventuell gelungen ist, die geschäftlichen Fixkosten zu erwirtschaften? Wie stark hat die Angst von den Menschen Besitz ergriffen, kommen sie alle wieder zurück?

 

Die Argumente

Viele Wochen wurden die nicht sinken wollenden Zahlen mit der mangelnden Bereitschaft der Bevölkerung, sich an die Regeln zu halten, begründet.

Endlich fallen die Zahlen, endlich sind kleine Schritte zurück möglich, endlich strahlt das Licht am Ende des Tunnels heller. Oder ist es nur die Glühbirne, kurz vor der Explosion?

 

Warum die Inzidenzwerte jetzt sinken ist auch schnell erklärt und man hört es auch in den Qualitätsmedien: Die Bevölkerung hat sich verantwortungsvoll an die Regeln gehalten, das Wetter wurde besser und die Impfquote ist erfreulich hoch.

Dann passt ja alles.

 

Nur komisch, dass ich einen wettertechnisch bescheidenen und sehr kalten und nassen Frühling erlebt habe, dass ich 13% für nicht sonderlich hoch halte und dass ich nicht verstehe, wie man es geschafft hat eine Bevölkerung aus „enfant terribles“ so schnell umzuerziehen.

 

Man muss nur den Druck erhöhen, damit erreicht man viel. Sieht man doch.
Oder aber man arbeitet auf einen Knall hin.

Die Zeit wird zeigen, welche der Thesen und Theorien sich als wahr oder glaubhaft darstellen wird.

Tirschenreuth war letzte Woche der Ort mit der niedrigsten Inzidenz. Chapeau für diesen ehemaligen Hotspot. Der Wert lag bei 4,5. Prima. Bei einer Einwohnerzahl von nicht mal 9000 Einwohnern ist damit eine Person zu einem Drittel „infiziert“: Kopf, Herz oder Beine?

 

Ich wünsche mir ganz egoistisch, dass die Zahlen, die meinen Tagesrhythmus bestimmen, die hoffentlich bald sommerlichen Temperaturen sein werden und nicht mehr die Inzidenzwerte.

Kommentare

  1. Ein genialer Beitrag liebe Nadine !!! Ich warte auf den negativen Inszenierungswert, ups sorry - ich meinte natürlich den Inzidenzwert :-D

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