Spotting oder kein Spotting – das ist hier die Frage?



Man kann nicht immer machen, was man will. Das Leben ist kein Ponyhof und man kann nicht überall seinen Willen durchsetzen. Schon klar. In vielen Dingen nur vernünftig. Wenn man sich allerdings zu lange entgegen der eigenen Überzeugungen verhält, so macht einen das krank – mich zumindest. Warum ich mich nach ein paar Kursen im Polebereich/Hoop-Bereich unter gegebenen Auflagen entschlossen habe, wieder Hilfestellung zu geben – Corona-Regeln hin oder her, das will ich gerne erklären.

 

Gefahren vermeiden

Als verantwortungsvolle Person hat man in einer Gesellschaft keine Gefahr für andere darzustellen. Für sich selbst sollte man auch keine Gefahr darstellen, aber das erledigt der Eigenschutzmechanismus des Kopfes/Körpers meist von alleine.

 

Gefahr durch Nähe

Seit ein paar Monaten nun wird uns eingebläut, dass wir durch unsere Existenz und die Nähe zu Anderen bereits eine Gefahr darstellen können, die sich potenziert und vergrößert, je länger wir dem Anderen auf die Pelle rücken. Also vermeiden wir Nähe. Wir vermeiden Berührungen. Wir vermeiden Begrüßungen und Verabschiedungen mit Körperkontakt, wir betrachten uns als permanente Virenschleudern, auch wenn wir gar nicht krank sind.

 

Neue Umgangsformen

Im beruflichen Umfeld bedeutet das, dass wir Kunden und Klienten nicht mehr formvollendet begrüßen und Höflichkeitsregeln zugunsten der Gefahrenvermeidung ad acta gelegt werden. Es bedeutet aber auch, die Pflichten des eigenen Berufsbildes zu vernachlässigen, zum Wohle aller und zur Vermeidung einer unsichtbaren Gefahr. Das ist für uns alle etwas befremdlich, denn man entfernt und entfremdet sich.

 

Seltsame Auswirkungen

Als Trainerin habe ich einen Beruf gewählt, der mit der Übernahme von Verantwortung einhergeht. Personen kommen in unser Studio, weil sie sich wohl und sicher fühlen wollen, weil sie darauf vertrauen, dass der Trainer ein sicheres Umfeld aufbaut und dafür geradesteht. Darauf haben sie einen Anspruch.

Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass diese Erwartungen erfüllt werden können. Das tue ich gerne, das tue ich immer, dafür arbeite und lebe ich.

 

Verschobene Prioritäten

Wenn allerdings Sicherheit bedeutet, dass der Verbrauch von Desinfektionsmittel ins Unermessliche steigt, einem permanent der klinische Geruch in der Nase liegt und der Grad an Sicherheit mit der Frequenz des Abwischens von Lichtschaltern und Türgriffen einhergeht, mir allerdings gleichzeitig untersagt wird, meine Teilnehmer in schwierigen akrobatischen Figuren zu sichern, dann läuft irgend etwas schief.

 

Geraderücken

Und deswegen ist es an der Zeit, sich über Regeln hinwegzusetzen. Mit sofortiger Wirkung werde ich in den Kursen wieder Hilfestellung geben und sichern. Bei geplanten „Korrekturrunden“ werde ich eine Maske trage, sollte ich allerdings sehen, dass sich ein Teilnehmer in Gefahr bringt, so werde ich auch ohne Maske sofort zu Hilfe eilen, um erkennbare Schäden abzuwenden.

 

Gegen die eigene Einstellung

In den vergangenen Wochen habe ich gegen meine innere Einstellung gearbeitet. Ich habe als Trainer auf sichernde Nähe verzichtet, nur um Teilnehmer nicht in Gefahr zu bringen und sie genau damit vielleicht in Gefahr gebracht. Das Sichern, die Hilfestellung, die Präsenz eines Trainers sind wichtig. Es kann nicht sein, dass ich als Trainer – übertrieben gesprochen – sehe, wie sich ein Teilnehmer in akute Gefahr begibt (weil er droht den Halt zu verlieren, weil er eine Technik nicht richtig ausführt) und ich dies sehenden Auges wahrnehme ohne einzuschreiten, aus Angst, meine Nähe könnte den Teilnehmer krank machen.

Kommentare

Oft gelesen

Oft gelesen