Es ist immer der Ausländer schuld – oder: Warum Füße nicht Beine sind
Gleich vorweg: Nein,
es geht nicht um Politik und es geht nicht um das, was Einige für gut oder weniger
gut erachten. Meine Einstellung zu Menschen, ganz gleich welcher Herkunft, die
sich derart gestaltet, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hat, solange dessen
Handeln auf Anstand, Respekt, Rücksichtnahme und Höflichkeit basiert, tut hier
gar nichts zur Sache. Vielmehr geht es um einen Fall aus einem Seminar, der
zeigt, wie schnell Missverständnisse entstehen können.
Kurz, klar, knackig und unmissverständlich
Ein Trainer/ eine Trainerin hat die Aufgabe, Sachverhalte so
klar und deutlich darzustellen, dass es keine Missverständnisse geben kann, die
zu Gefahren führen. Im sportlichen Bereich wie auch bei Seminaren. Hierfür kann
der Trainer/ die Trainerin Einiges tun: Klare Ansagen, kurze Sätze,
unmissverständliche Formulierungen.
In den Erklärungen für den Sportbereich ist es beispielsweise
sinnvoll, eben nicht von „rechts“ und „links“ zu sprechen, wenn man sich nicht
sicher sein kann, dass alle Personen die gleiche Ausgangsstellung einnehmen.
Im Sport
Hängt man im Pole-Sport kopfüber an der Stange und der
Grippunkt, der einem vor dem Fall bewahrt ist die Wade, so macht es wenig Sinn
zu sagen, dass nun das rechte/linke Bein gelöst werden soll. Ist man sich als
Trainer nicht sicher, ob alle auf der gleichen Seite gestartet sind, so kann
dies unter Umständen die teilnehmende Person in Gefahr bringen. Der kleinste
gemeinsame Nenner und das (Körper-)Gefühl sind hier wichtiger. Man bezieht sich
also auf das, was die teilnehmende Person selbst spüren kann und formuliert
dementsprechend: „Ihr spürt die Wade an der Pole. Diese bleibt in der Figur die
gesamte Zeit über an der Pole und stellt Euren Grippunkt dar. Das andere Bein
wird gelöst.“ – So sollte sicher sein, dass die teilnehmenden Personen sich
nicht in Gefahr begeben.
Man spricht auch nicht vom „rechten“ oder „linken“ Arm/ der
Hand, sondern stellt die Bezugspunkte her, die jede teilnehmende Person selbst
überprüfen kann: Der innere Arm bleibt an der Stange/ am Hoop. Wobei innen
immer die Seite ist, die sich näher am Trainingsgerät befindet.
Missverstehen wollen
Viel Verantwortung liegt also beim Trainer und er/sie kann durch
richtige Formulierungen dazu beitragen, dass es keine gefährlichen
Missverständnisse gibt. Doch nicht immer ist die Schuld beim Trainer zu suchen.
Wer etwas missverstehen möchte, der tut es, da kann sich die andere Person auf
den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln und es wird sich nichts ändern.
Füße und Beine
In Bayern haben wir manchmal das Problem, dass die
bayrischen Füße eben nicht nur die Füße sind, sondern damit das gesamte Bein
betitelt wird. Wenn ein Trainer also sagt, dass die Füße gestreckt werden sollen
und das auch so meint, eine teilnehmende Person allerdings im bayrischen
Verständnis nun das ganze Bein streckt, so ist es nicht dem Trainer/ der
Trainerin zuzuschreiben, wenn dadurch wichtige Presspoints/ Grippunkte gelöst
werden.
„Ich dachte, Du meinst das Bein!“ – „Nein, ich sprach von
den Füßen und habe auch die Füße gemeint.“
Die Erfahrung macht klug oder zumindest umsichtiger
Beim nächsten Mal kann man bereits darauf hinweisen, dass
mit Fuß wirklich nur der Fuß gemeint ist und nicht das Bein. Einiges kann man
aber nicht vorausplanen oder antizipieren.
Warum sind jetzt immer die Ausländer schuld?
In einem Seminar legte ich einige Ansätze der Kommunikation
dar. Unter anderem auch die Aussage, der ich mit sehr gemischten Gefühlen
gegenüberstehe, dass angeblich für das, was beim Empfänger ankommen würde, immer
der Aussender der Botschaft
verantwortlich wäre.
Ich verwendete also das Wort „Aussender“ statt „Sender“
und legte dar, dass ich dem nicht ganz zustimmen könne, weil man meiner Meinung
nach nicht immer genau voraussehen könne, was der andere aufnimmt oder versteht,
und führte noch ein paar Dinge mehr aus.
Eine teilnehmende Person zeigte deutliche Zeichen des Unmuts
auf dem Gesicht und wurde immer unruhiger. Ich sprach sie daraufhin an, ob es
hier noch Probleme mit dem Verständnis geben würde oder ob sie anderer Meinung sei?
Daraufhin sagte sie, dass die nicht verstehen könne, warum immer die Ausländer verantwortlich wären?
Zunächst wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte,
weil ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte, auf was die Person sich bezog.
Ich fragte nach, wann ich etwas Derartiges geäußert hätte? Daraufhin sagte mir
die Person, dass ich doch selbst vor einigen Minuten gesagt hätte, dass für
das, was beim Empfänger ankommen würde,
immer der Ausländer verantwortlich wäre.
Ein Missverständnis
Interessanterweise hatten wir vorher die Genese von Konflikten
behandelt, die zu einem großen Teil eben aus Missverständnissen entstehen
würden und just lieferte uns der Verlauf des Seminars das beste Beispiel dafür.
Die Person hatte mich schlicht missverstanden.
Ich betonte das Wort „Aussender“
nochmals ganz deutlich und räumte ein, dass man auch nur „Sender“ sagen könne. Die Person meinte daraufhin, dass es das Wort Aussender ja gar nicht geben könne und
sie deswegen der Meinung gewesen wäre, ich müsste „Ausländer“ gemeint haben.
Die gesamte Seminargruppe, mich eingeschlossen, war sehr
froh, dass wir dieses Missverständnis im Seminar aus dem Weg räumen konnten, es
hätte fatale Folgen haben können (zugeschriebene Ausländerfeindlichkeit etc.).
Bringschuld und Holschuld
Es ist also die Pflicht eines Trainers/ einer Trainerin die
Dinge so unmissverständlich wie möglich zu erklären und die Aufgabe der
Empfänger, sich bei den kleinsten Unsicherheiten zu melden und rückzufragen, um
Gefahren und fatale Folgen ausschließen zu können. Das gilt im Sportbereich wie
in der Mitarbeiterführung und in Seminaren.
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