Verkaufsgespräche 2.0



Wie sich Verkaufsgespräche heute darstellen (vor allem in "sozialen Netzwerken")

Sich anpreisen, bzw. seine Waren und Dienstleistungen anpreisen. Das Beste von sich und seinen Produkten behaupten. Die Vorteile herausstellen. Im nächsten Schritt dem Gegenüber darlegen, was er oder sie verpassen könnte, wenn er oder sie wirklich der Meinung ist, auf das Produkt/ die Dienstleistung verzichten zu können. Ein Ass im Ärmel haben. Nicht gleich aufgeben...
All diese Punkte gehören zu einem Verkaufs- oder Angebotsgespräch/ einer Kontaktaufnahme zu diesem Zwecke dazu – keine Frage. Aber wann wurde eigentlich die Reihenfolge geändert? Und seit wann wird man eigentlich von Anfang an hinters Licht geführt?

Kontaktaufnahme
Zunächst kommt die Frage nach einer Freundschaftsbestätigung oder der Vernetzung. Dann vielleicht eine Nachricht. Da ich selbst nur schwer damit umgehen kann, die Person, die so agiert, einfach stehen zu lassen oder zu ignorieren und zudem noch neugierig bin, schreibe ich meist eine kurze Nachricht und frage nach, woher wir uns denn kennen, bzw. was ich für die Person tun kann?

So siebt man (zumindest bei Facebook) schon mal die verirrten Halbwüchsigen aus, die nicht in der Lage sind zu lesen, dass man verheiratet ist und mittlerweile (Oh Gott, ich werde alt...) deren Mutter sein könnte.

Bekommt man eine Antwort von den übriggebliebenen Anderen, dann beginnt die Kontaktaufnahme (nicht zur Geschäftsseite sondern zum privaten Profil – und nein, ich möchte ich hier KEINE Diskussion über die Privatsphäre-Einstellungen beginnen, sondern einfach mal meine Gedanken aus dem Kopf und wieder zu „Papier“ bringen).

Sie sind so toll
Das sich dann anbahnende Verkaufsgespräch beginnt nicht mit der Darstellung dessen, was der Verkäufer/ die Verkäuferin anzubieten hat, sondern oftmals mit einem Kompliment. Dabei ist es unerheblich, ob man sich schon begegnet ist, ob man sich kennt oder ob man einfach mal via Facebook oder anderen sozialen Netzwerken angeschrieben wird. „Sie sind so ein sympathischer Mensch...“ –Ah ja? Woher möchte die Person das denn wissen? „Sie sind so nett, da musste ich Sie einfach anschreiben.“ – Es stellt sich dieselbe Frage.

Die Komplimente können beliebig ausgetauscht werden, zielen aber bei den plattesten Versuchen häufig nicht einmal auf das geschäftliche Angebot der Gegenseite oder etwas Beweisbares ab, sondern bauchpinseln das Gegenüber mit Aussagen über die Schönheit, die Intelligenz oder die Erkenntnis dessen, dass das Gegenüber etwas ganz Besonderes ist.

Wir haben gemeinsame Interessen
Bei den Gewieften (besser Geschulten?) folgt nach der Komplimentseröffnung im zweiten Akt die Nennung gemeinsamer Interessen. Auch hier können die gemeinsamen Interessen beliebig ausgetauscht werden und sind so allgemeingültig wie Horoskope in Illustrierten. Zu nennen sind im Allgemeinen: Ernährung, Schlaf, Freizeit, Arbeit.

Wer sich die Mühe gemacht hat und tatsächlich mehr als 2 öffentliche Fotos und den Slogan/ das Titelbild betrachtet hat, der kann unter Umständen noch die Themen „Kinder“ und „besondere Sportarten“ oder etwas Ähnliches anführen.

Sie verdienen es, dass Sie endlich das bekommen, was sie verdienen
Im dritten Akt kann die Verfahrensweise entweder zurückgreifen auf die schon erwähnte Komplimentseröffnung, die nun etwas weiter ausgeführt wird. Am anderen Ende ist die Person, die (endlich) meinen Wert erkannt hat. Der Prinz mit dem weißen Pferd (aber ich lebe nicht in einem Turm, ich habe keine langen Haare und ich kann nicht reiten).

Nur für exklusiv ausgewählte Personen
Oder aber die aufgewärmte Komplimentseröffnung wird ersetzt durch die Exklusivitätsformel. Was der andere (das weiß man übrigens meist eben noch gar nicht!) anzubieten hat, das bekommen nur ganz besondere Personen. Es ist ein exklusives Angebot, oder besonders vergünstigt.

Sie müssen sich jetzt entscheiden
Dieser Präparierung des geistigen Teiges folgt der Zeitdruck. Man muss ich jetzt entscheiden, es ist nur noch so wenig da, oder aber es sind noch so viele andere Personen auf der Liste (ganz exklusive und besondere Personen natürlich, versteht sich!) die angerufen werden müssen....

Die Informationen können wir Ihnen leider nicht schriftlich zusenden
Schriftlich gibt es diese Informationen und dieses Angebot natürlich nicht. Es ginge (aufgrund des oben erwähnten Zeitdrucks) leider nicht, dass man die wichtigsten Eckdaten per Mail versenden könne, also entweder man müsse sich jetzt entscheiden, oder aber man stimmt einem privaten Termin zu.

Ein NEIN zählt generell nicht
Hat man bis zu dieser Stelle durchgehalten, entweder weil man bisher noch nicht zu Wort gekommen ist, oder aber weil man wissen möchte, WAS man denn da jetzt eigentlich kaufen soll, oder aber weil man einen Tag morbiden/perfiden Masochismus’/ Interesses hat, und ringt sich durch, ein freundliches und gefühlt bestimmtes „Nein“ zu äußern, dann fängt meist der ganze Ablauf von vorne an. Und täglich grüßt das Murmeltier.
Bleibt man bei seinem bestimmten Nein, dann zählt dieses so gefühlte 3 bis 100 mal sowieso nicht. Stellt man eine Gegenfrage, ob das Gegenüber es als respektvoll erachtet, das „Nein“ des Anderen zu ignorieren, eröffnet man häufig damit das Schlachtfeld.

Aus der anfänglichen Überschüttung mit Komplimenten kann hier schnell ein Beleidigungsregen entstehen, oder aber das Totschlag-Argument schlechthin wird ausgepackt: Das Spiel mit der Angst beginnt...

Sie müssen wissen, ob Sie es sich/ ihrer Familie gegenüber verantworten können
Bisher habe man ja vielleicht gelebt oder doch eher in Ermangelung der Dienstleistung/ des Produkts sein Leben dahinsiechend bestritten, das wäre ja eine Sache gewesen. Aber man habe doch auch eine Verantwortung gegenüber – bitte wählen: der Familie, dem Partner, den Kindern, den Kunden, gegenüber den Mitarbeiter....

Verkaufspsychologie in allen Ehren
Wer sich jetzt denkt, dass ich meinen Mund ganz schön weit aufmache dafür, dass ich diese persönlichen Gedanken im Rahmen meines Blogs/ meiner Seite „Rebel-Management-Training“ veröffentlich, wo doch hier auch eines der Themen Auftritt und Rhetorik wäre, der kann ruhig so denken.

Ein Gespräch zum Wohle beider lenken, sich charmant verhalten, ein Ass im Ärmel haben und vielleicht auch mal EINE Nachfrage stellen – da bin ich ganz bei den Personen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen an den Mann oder die Frau bringen wollen.

Interessant finde ich nur, dass sich das hier beschriebene Muster so häufig gleicht. Die Waren und Dienstleistungen können dabei austauschbar sein: Töpfe, Kosmetik, die Kaffeemaschine für das Büro, Nahrungsergänzungsmittel, der Auftritt in einer Talkshow, der Imagefilm über das eigene Unternehmen, die Fotos, die man von sich machen lassen kann, Versicherungen, Kleidung, Reisen, Weiterbildung – suchen Sie es sich aus.


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